Unwirksamkeit formularmäßig vereinbarter Bearbeitungsentgelte bei Unternehmerdarlehen
Der BGH hat entschieden, dass die von den beklagten Banken vorformulierten Bestimmungen über ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen, die zwischen Kreditinstituten und Unternehmern geschlossen wurden, unwirksam sind.
Nachdem sich das Verfahren XI ZR 436/16 vor dem Termin durch Anerkenntnis der beklagten Bank erledigt hatte, war nur noch in den Verfahren XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16 zu entscheiden. In diesen beiden Verfahren sind die Darlehensnehmer Unternehmer im Sinne des § 14 BGB. Die mit den jeweiligen Banken geschlossenen Darlehensverträge enthalten Formularklauseln, wonach der Darlehensnehmer ein laufzeitunabhängiges „Bearbeitungsentgelt“ bzw. eine „Bearbeitungsgebühr“ zu entrichten hat. Gegenstand der Klagen ist die Rückzahlung dieses Entgelts, weil die angegriffenen Klauseln nach Ansicht der Kläger unwirksam sind.
Während die Klage im Verfahren XI ZR 562/15 in den Vorinstanzen erfolgreich war, wurde die Klage in dem Verfahren XI ZR 233/16 von den Vorinstanzen abgewiesen.
Der BGH hat entschieden, dass es sich bei den angegriffenen Klauseln um sog. Preisnebenabreden handelt, die der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen.
Hiervon ausgehend hat der BGH das Urteil des OLG Celle in dem Verfahren XI ZR 562/15 weitgehend bestätigt und nur in Bezug auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen zum Nachteil des Klägers abgeändert.
In dem Verfahren XI ZR 233/16 hat der BGH das Urteil des OLG Hamburg aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen worden, weil das Oberlandesgericht weitere Feststellungen treffen muss, damit über die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung und über die vom Kläger eingeklagten Zinsen abschließend entschieden werden kann.
Nach Auffassung des BGH halten die Klauseln dieser Inhaltskontrolle nicht stand. Die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren, weshalb gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners anzunehmen sei. Auch bei den vorliegenden Unternehmerdarlehensverträgen gebe es keine Gründe, die diese gesetzliche Vermutung widerlegen würden. Insbesondere könne die Angemessenheit eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nicht mit eventuell hieraus resultierenden steuerlichen Vorteilen auf der Seite eines unternehmerischen Kreditnehmers begründet werden.
Die streitigen Klauseln hielten auch bei angemessener Berücksichtigung der im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche nach § 310 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB der Inhaltskontrolle nicht stand. Soweit die beklagten Banken die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte mit einem entsprechenden Handelsbrauch gerechtfertigt hätten, stütze ihr Sachvortrag das Bestehen eines solchen Handelsbrauches nicht. Die Angemessenheit der Klauseln lasse sich auch nicht mit Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs rechtfertigen. Soweit hierzu eine geringere Schutzbedürftigkeit und eine stärkere Verhandlungsmacht von Unternehmern im Vergleich zu Verbrauchern angeführt werde, werde übersehen, dass der Schutzzweck des § 307 BGB, die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht zu begrenzen, auch zugunsten eines – informierten und erfahrenen – Unternehmers gelte. Dass ein Unternehmer möglicherweise eine sich aus verschiedenen Entgeltkomponenten ergebende Gesamtbelastung besser abschätzen könne, belege nicht die Angemessenheit der Klausel bei Verwendung gegenüber Unternehmern. Denn die Inhaltskontrolle solle allgemein vor Klauseln schützen, bei denen das auf einen gegenseitigen Interessenausgleich gerichtete dispositive Gesetzesrecht durch einseitige Gestaltungsmacht des Klauselverwenders außer Kraft gesetzt werde. Es gebe keinen Anhalt dafür, dass Kreditinstitute gegenüber Unternehmern keine solche einseitige Gestaltungsmacht in Anspruch nehmen könnten. Auf ein gesteigertes wirtschaftliches Verständnis von Unternehmern komme es bei den vorliegenden Klauseln nicht an, weil sie von einem Verbraucher ebenso wie von einem Unternehmer ohne Weiteres zu verstehen seien.
Im Hinblick auf die in beiden Verfahren erhobene Einrede der Verjährung gelten die Grundsätze, die der BGH zu Verbraucherdarlehen aufgestellt hat (vgl. Urt. v. 28.10.2014 – XI ZR 348/13), ebenso für Unternehmerdarlehen. Auch Unternehmern sei mit Ablauf des Jahres 2011 die Erhebung einer auf die Rückforderung von Bearbeitungsentgelten gerichteten Klage zumutbar gewesen.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 104/2017 v. 04.07.2017